OmegaDreiAngeln an Schulen und Expeditionen
Johannes Lohmöller war offizieller Berater der Angellehrer im Kreis Steinfurt, bevor er im Jahr 2019 in sein Heimatbundesland Niedersachsen wechselte. Das von ihm gegründete HSTE-Fishing Team der Hauptschule Tecklenburg ist weit über die Grenzen Tecklenburgs für seine pädagogisch wertvolle Arbeit bekannt geworden.
Erfahrungen und Erkenntnisse zum Schulangeln
Von 2011- 2019 führte ich an der Hauptschule Tecklenburg im Kreis Steinfurt Angelunterricht durch. Aus meiner Erfahrung während der ehrenamtlichen Betreuung von angelnden Jugendlichen in vom Landkreis Stade organisierten Angelfreizeiten entstand die Idee, dieses Vorhaben auch für Kinder an meiner Schule zu ermöglichen.
Gestartet als Projekt mit Expeditionen an die dänische Küste oder auch an regionale Gewässer, wurde schnell der pädagogische Wert auch gerade für im herkömmlichen Unterricht unruhige Kinder erkannt und Angeln erst nur als AG und in Tecklenburg später auch als Wahlpflichtunterricht installiert.
Insbesondere Lerntypen, die von herkömmlichen Unterrichtsformen im Klassenverband eher benachteiligt werden, blühen im Angelunterricht auf. Galten diese Schüler früher häufig bestenfalls als Spätstarter, bekommen sie in unseren Projekten die Möglichkeit sich anhand ihres Interessensgebietes in vielen Bereichen erfreulich zu entwickeln.
Dabei ist das Thema Angeln vorzüglich geeignet, um fächerübergreifend Lernstoff zu vermitteln und die Kinder jeweils an ihrem entsprechend voneinander abweichendem Wissensstand abzuholen.
Neben dem Fachbereich Biologie, der einem sicher als erstes wegen des unmittelbaren Einblicks in das Ökosystem einfällt, finden auch viele andere schulische Lehr- und Lernbereiche mehr als nur marginale Berücksichtigung.
So lernen die Schüler durch Exkursionen und Expeditionen samt Vor- und Nachbereitung geografische Besonderheiten ganz praktisch aus erster Hand kennen. Außerdem ist jede Menge physikalisches Know-how zu erfahren. Das beginnt bei der Beschaffenheit z.B. des Elements Wasser, dem Einfluss des Luftdrucks auf das Beißverhalten der Fische und führt sich bei der passenden Auswahl von Schnurstärken und Gewichten fort.
Der Übergang in den Mathematikbereich ist fließend. Berechnungen, ohne die es nicht geht, finden sich auch im technischen Lernfeld, wenn z.B. in der Schule eigene Angelruten gebaut werden. “Wie sieht es mit den Abständen der einzelnen Ringe aus um eine entsprechende Rutenaktion zu erzeugen? Wie berechne ich das Wurfgewicht?”
Dazu wird im Laufe eines Schuljahres eifrig gebastelt, ob an eigenen Ködern, die fantasie- und kunstvoll gestaltet und wie kleine Schätze gehegt und gepflegt werden oder auch an einfachen elektronischen Bissanzeigern. Das Strahlen eines Kindes, das einen Fisch mit einem selbstgebauten Kunstköder fängt, kann sich jeder vorstellen!
Auch das Fach Deutsch kann absolut seine Berücksichtigung finden, denn es fällt auch ansonsten eher lesefaulen Schülern vergleichsweise leicht, entsprechende Literatur zu verschlingen. Geschrieben wird übrigens auch: viele Kinder haben in unserer Angel AG ihre ersten Briefe geschrieben, um sich beispielsweise für Leser-Produkttests zu bewerben. ”Herr Lohmöller, ist der Brief so gut genug?” Während man im normalen Deutschunterricht eher sagen würde, dass es ok sei, können wir hier beruhigt die Messlatte etwas höher legen, da die Kinder eine größere Motivation haben. “Also wenn ich der Chefredakteur eines bedeutenden Angelmagazins wäre und da würde jemand einen so abgerissenen Zettel mit derart vielen Fehlern abgeben, würde der Brief sicherlich nicht in der engeren Auswahl, sondern in einem gewissen Behälter landen!”
Gelegentlich werden auch englischsprachige Artikel gewälzt oder Videos der englischen Specimen Hunters angeschaut, auch da ist die Motivation sich an der englischen Sprache zu Reiben zumindest teilweise gegeben.
Der Bereich Sport, der leider nicht bei allen Schülern zur Nummer 1 gehört, wird ebenfalls stark berücksichtigt.
Gerade das Angeln auf Meerforellen erfordert die Bewältigung großer Strecken mit zum Teil recht schwerer Kleidung. Außerdem werden Koordination und Geschicklichkeit sowohl beim Waten auf teils steinigem Untergrund, als auch beim technisch einwandfreien Werfen gefördert.
Hauswirtschaftliche Erfahrungen werden nicht nur bei unseren Expeditionen im Selbstverpflegungshaus in Lille Bodskov gesammelt, sondern auch beim Bewerten des Lebensmittels Fisch und der Auseinandersetzung mit der Herkunft und Gewinnung unserer Lebensmittel. Die Schüler erfahren, dass Lebensmittel einen Wert haben und der Kreatur Fisch genau wie anderen Tieren Respekt entgegen zu bringen ist. Sie lernen, dass das Essen von Fleisch und Fisch ohne qualvolle Begleiterscheinungen möglich ist und wie eine gewissenhafte Versorgung des Fangs umzusetzen ist.
Neben den erwähnten Themen aus dem offiziellen Lehrplan bewerte ich die Lernvorgänge des “heimlichen” Lehrplanes noch höher.