IM GESPRÄCH MIT UWE PINNAU, DEM PRÄSIDENTEN DES DEUTSCHEN HECHTANGLER CLUBS
Omegadrei: Vorab eine kurze Frage, damit ich mich der Situation angemessen verhalte.
Wie darf ich Euch ansprechen? Euer Hoheit, Monsignore, Durchlaucht, Euer Majestät?
Uwe: Uwe reicht vollkommen. War noch nie ein Freund dieser dick
aufgetragenen Titelhascherei und auch wenn auf Messen und
Veranstaltungen zur Begrüßung ganz gern ein mehr scherzhaftes
"El Presidente" fällt, lächelt man und lässt es gut sein, aber prinzipiell
entsprechen solche Nummern, oder Ansätze die analog zum klassischen
"Wir sind unwürdig" à la Wayne's World laufen, nicht meinem eher bescheidenen Naturell.
Omegadrei: Wie wird man Präsident des DHC, dem nach S04 zweitwichtigsten
Verein Deutschlands? Wird die Thronfolge seit Generationen vererbt, wird gewählt,
oder wurde der Club etwa unter Einfluss von THC gegründet und entspringt einem schalen Wortwitz?
Uwe: Die Wichtigkeit und Relevanz liegt ja wie so Vieles im Auge des
Betrachters. Das gilt für den DHC ebenso wie für den erwähnten
Gelsenkirchener Vorstadtclub. Grundsätzlich gibt es ja in Deutschland
für Alles und Jedes einen Verein und auch wenn im Gespräch mancher
Zuhörer die Augen verdreht, daß es einen DHC überhaupt gibt, kann man
sich immer noch damit trösten, wie es wohl den Offiziellen von den
einbeinigen, taubenzüchtenden Linksträgern ergehen mag.
Mit THC hat es gar nichts zu tun und die Vision zur Notwendigkeit eines
Vereins zur Lobbyarbeit für den eindrucksvollsten Raubfisch hierzulande,
bedurfte keiner Bewussteinserweiterung, sondern fußte allein auf dem
Umgang und Zustand mit der Spezies und den Beständen. Ich bin erst der
dritte Clubpräsident und übernahm den Posten ein wenig aus einer
Notsituation und Verpflichtung heraus, als mein Amtsvorgänger und ganz
lieber Freund Armin Miltenberger urplötzlich, unerwartet und viel zu früh von uns ging.
Omegadrei: Man stellt sich das Präsidentenleben ja recht feudal vor:
Man sitzt in seinem Ohrensessel zwischen ausgestopften Hechten, futtert Gänseleberpastete,
raucht Zigarren, sinniert über Safaris und lässt sich von seinem Butler Earl Gay servieren.
Wie sieht dein Tagesablauf normalerweise aus?
Gibt es in Deinem Leben eigentlich so etwas wie Werktage oder ist jeder Tag Feiertag?
Uwe: So mag das sicher bei manchem Diktator einer Bananenrepublik
aussehen, aber nicht beim DHC. Da muss man doch vieles selber erledigen,
sich in Nicht-Coronazeiten bis zu 14 Messetage im Jahr zur wichtigen
Außendarstellung und Öffentlichkeitsarbeit um die Ohren schlagen, was
aber auch Spaß und Erfüllung vermittelt, und auch Treffen organisieren
und sich mit um die clubeigene Zeitschrift "Andvari" und Teile der Inhalte
kümmern. Ausgestopfte Hechte fielen ohnehin aus, Zigarren nur sehr
selten bei ganz besonderen Fängen und den Earl Grey gieß ich mir selber
auf. Es soll ja auch alles immer noch Spaß machen und das tut es auch.
Der Tagesablauf wird bestimmt vom Broterwerb, wobei es auch manchen Tag
gibt, an dem das Vereinsamt sich als full time-Job aufdrängt.
Omegadrei: Also ein Präsident, der niemals pennt?
Uwe: Muss aber auch sein und ist eine der schönsten Sachen, die es quasi
umsonst (wenn man denn nichts besseres verschläft) gibt.
Omegadrei: Man hört und liest viel über Deine völkerverbindenden Reisen nach Irland,
Holland, Kanada, USA. Welche Möglichkeiten siehst du als Präsident des DHC,
innerhalb Deutschlands die Anglerschaft zu einigen?
Uwe:Tatsächlich fällt es nicht selten leichter, im Ausland eine gemeinsame Basis zu entdecken
oder zu finden als hier.
Abgesehen von der zunehmenden Spezialisierung auf konkrete Zielfische oder Methoden steht
sich hier Vieles selbst im Wege und bildet einen enormen Hemmschuh für eine positivere Entwicklung.
Statt starker, ambitionierter, angler- und angelfreundlicher Organisationen,
die sich für die Anglerschaft und ein fortschrittliches Fischereimanagement aufreiben,
gibt es doch allzu oft Kritik und Unzufriedenheit seitens der Angler.
Hoffnung machen da das neue Fischereigesetz in HH und Ansätze mit Maß und
Weitblick wie bei und von den Müritzfischern mit dem Entnahmefenster praktiziert.
Leider bisher nur Ausnahmen, aber vielleicht und hoffentlich auch mal die Regel.
Omegadrei: Kommst Du eigentlich noch selber zum Angeln?
Wann konntest du deinen letzten Hecht landen?
Uwe: In anderen Jahren hätte ich vielleicht gesagt, daß ich mir gerade
erst den Hechtschleim von den Händen gewaschen habe, aber dieses Jahr
kommt man vor lauter Händewaschen ja kaum noch zum angeln. Es ist in
vielerlei Hinsicht ein besonderes Jahr und was bei mir persönlich das
Angeln angeht, ist es besonders schlecht. Fing der Winter noch ganz gut
an und brachte schöne Fische, wie auch beim Videodreh mit "Fisch &
Fang", ließ es dann schonzeitbedingt nach. Dann kam Corona und die
Ostertour nach Irland fiel aus, wie auch manche andere geplante
Angeltour. Dann hatte ich beruflich viel zu tun, wenn es von den
Bedingungen her gut passte und an den wenigen Angeltagen war es dann
meist sehr undankbar oder lief auch einfach nicht gut. Kurzum, den
letzten kleineren Hecht gab es vor ein paar Wochen beim Angeln in
Mecklenburg zusammen mit meinem Onkel auf einem Gewässer mit viel
Familienhistorie, was den Fang doch so besonders machte und ihm ideelle
Größe verlieh.
Hoffe, dass Herbst und Winter sich noch gnädig erweisen, um die Quote und
die Fangstatistik aufzupolieren.
Omegadrei: Wir drücken Dir die Daumen!
Nächste Baustelle:
Was könnte man in den Deutschland machen, um die Hechtbestände zu verbessern?
Uwe: Tja, das kommt davon, wenn man die Fragen der Reihe nach beantwortet
und nicht zuvor alle einmal durchliest......
Omegadrei: Man wird so alt wie eine Kuh und lernt immer noch dazu, lach!
Uwe:Wie schon oben erwähnt wären Ansätze wie das Entnahmefenster der
Müritzfischer eine wilkommene Maßnahme, über die sich nicht nur die
Hechte, sondern langfristig auch die Angler freuen dürften. Auch der
Ruhrverband macht da ja einen sehr guten Job und ist beispielhaft.
Antiquierte Gesetze und die himmelschreiende Borniertheit, es alleinig
besser zu machen, als viele andere (Nachbar-) Länder und beliebte
Reiseziele deutscher Angler, stehen dem Fortkommen allerdings im Wege.
Beim individuellen Angler hat sich zum Glück über die letzten zwei
Jahrzehnte das Bild vom bösen Hecht und potenziellen Fischereischädling
größtenteils geändert und Viele sehen auch viel mehr die faszinierende
und einzigartige Kreatur mit all ihren Facetten und der Vielzahl von
anglerischen und methodischen Ansätzen. Dazu hat auch der DHC in
unermüdlicher Überzeugungsarbeit auf verschiedenen medialen Ebenen einen
Beitrag geleistet, das ist mal sicher.
Omegadrei: Nach niederländischem Vorbild?
Zum Beispiel, oder nach englischem, oder irischem. Gute Vorbilder gibt
es ja viele und man müsste sich ja nichts eins zu eins aufzwängen,
sondern könnte sich die Rosinen rauspicken und es für sich und die
eigenen Verhältnisse passend machen.
Uwe: War in den USA und Kanada über den hohen Stellenwert der Freizeit-,
Sport- und Hobbyangelei fasziniert, dem auch von staatlicher Seite her
Rechnung getragen wird. Da ist die Position der Fische eben nicht
dermaßen unterhalb der von Kormoran, Biber etc. angesiedelt wie hier
und es werden auch Maßnahmen zum Schutz der guten und zum Teil mühsam
aufgebauten Fischbestände ergriffen, die einen hier nie mehr die Sonne
in Freiheit erblicken ließen.
Dort werden auch an Topgewässern ständig die aktuellen Entwicklungen
durch die Fischereibehörden beobachtet und auch mal spontan reagiert und
saisonale Fangbeschränkungen ausgesprochen, oder gänzliche Sperren
erhoben, um die jeweilige Spezies im Bestand zu schützen und nicht erst
plattangeln und dann wieder neu besetzen o.ä.
Omegadrei: Hand aufs Herz: Bekommt bei dir auch mal ein Hecht „ein vorm Kopp“?
Uwe: Die Attraktivität als Angelfisch und der Nutzen im Gewässer stehen
für meinen Geschmack mit der kulinarischen Klasse im krassen Missverhältnis.
Omegadrei: Falls es mal sein muss, wegen krasser Beschädigung, gibt es ein Lieblingsrezept?
Uwe: Ein Freund entnahm einen stark verletzten kleineren Hecht als
Kollateralschaden beim Muskyangeln vor einer Weile, entfernte mit einem
gekonnten Schnitt alle Y-Gräten und machte ein schickes, frisches und
vor allem in seiner Einfachheit so bestechendes "fish fry", das
kulinarisch die besten Seiten hervorbrachte und einfach nur lecker war.
Einen vielerorts eher seltenen und schwieriger zu fangenden Fisch mit
ellenlangen Rezepten und mühseligen Rezepturen, sowie einem dreifachen
Gang durch den Fleischwolf irgendwie gangbar zu machen, kann es doch
irgendwie nicht sein. Da gibt es bessere und einfacher verfügbare
Fische. Aber das sieht sicher Mancher anders und auch knappe Bestände
sind ja nicht überall die Regel.
Omegadrei: Ich schätze deine Arbeit als Journalist für verschiedene Angelmagazine und
Du hast ja auch im Buch „Die schönsten Fische, die wir nicht gefangen haben“,
einen der lesenswertesten Beiträge abgeliefert.
Wie bewertest du den Zustand der Printmedien (wirtschaftlich/bezüglich Ihrer
Unabhängigkeit durch wirtschaftlichen Druck/bezüglich der sprachlichen/inhaltlichen Qualität)?
Uwe:Vielen Dank für die Blumen und das Lob für den Beitrag im zudem sehr
schönen Buchprojekt, wurde mir schon von mehreren Seiten zugetragen. Man
muss kein Verleger sein, um zu erahnen, daß es die Printmedien in Zeiten
von einer Flut frei verfügbarer medialer Quellen nicht leicht haben,
auch wenn es nichts gibt, was sich mit der Wahrhaftigkeit des gedruckten
Wortes und der angenehmen Haptik eines Hochglanzmagazins messen kann,
wie ich finde. Auch was die sprachliche Qualität und Seriösität angeht, sind die
Printmedien vom Niveau her doch recht hoch angesiedelt und stehen ja
nicht für den sprachlichen Niedergang mit weggelassenen Endsilben und
dem inflationärem Gebrauch anderer Unsitten, das finde ich sehr
angenehm. Mit der Vielzahl der Medienstränge wird es ja auch immer
schwieriger das Rad neu zu erfinden, was ohnehin nicht so richtig
machbar ist, aber sich ja auch mit und durch die Entwicklung bei
Geräten, Technik und Methoden stetig für Neuinterpretationen einer jeden Anglergeneration anbietet.
Omegadrei: Schaust du YouTube Videos übers Angeln oder verfolgst du Online-Magazine?
Gibt es Formate, die du magst oder graust es Dich, wenn Leute mit Förderschulempfehlung versuchen,
Journalismus zu betreiben?
Uwe:Bin nicht ganz so der YT-Junkie, mag aber ein paar Formate ganz gern,
in denen ich meine anglerischen Vorlieben oder Fische wiederfinde, oder
eben Leute und Angler die ich dann vielleicht persönlich kenne. Wenn man
mal den Empfehlungen von You Tube folgt, findet man oft viel mehr
Sachen, die man eher gruselig findet, als daß man sich dafür auch nur im
Ansatz begeistern könnte und sich dann unweigerlich fragt, was schlimmer
ist, die die das fabriziert haben, oder dann doch vielmehr die, die das
auch noch frenetisch abfeiern. „PareyGo“ ist auch gut, wenn man denn Zugang hat.
Bei den hiesigen Onlinemagazinen finde ich „Scale“ schön und lese es,
schätze den ästhetischen Ansatz und Inhalt, wenngleich ich dem selber ja nur bedingt gerecht werde,
oder auch gerade deshalb.
Omegadrei: Trauen sich irgendwelche Tierrechtsfuzzis, dem Präsidenten des Deutschen Hechtanglerclubs doof zu kommen?
Uwe:Der Angelei im Allgemeinen ja mehr als genug, mir persönlich weniger.
Omegadrei: Du fällst ja neben deiner Liebe zur Literatur und Sprache
auch durch fundierte Musikkenntnisse und guten Musikgeschmack auf.
Welche Alben haben dich am meisten beeindruckt?
Uwe: Ist das so? Klingt so schmeichelhaft wie ein guter Song.
Was die Musikrichtungen und Alben angeht, macht ja jeder im Leben sowas wie
musikalische Zyklen durch und entwickelt sich dahingehend parallel zum
Charakter und Lebensabschnitt, oder manchmal auch durch den
Lebensstandort oder andere Bedingungen. Will sagen, wer lebenslänglich
einsitzt, fängt vielleicht an sich was anderes als "The Police"
anzuhören. Ich hatte eine relativ starke Hip Hop Phase und war auch
politisch von Public Enemy und "It takes a nation of millions to hold us
back" beeindruckt ("The Donald" kannte ich damals nur aus US-Magazinen
vom Presseshop am Hauptbahnhof), was aber dann erst in eine frankophone
und dann in eine Indie- und Punkphase abdriftete, sich teilweise auf
Sachen wie Sonic Youth und Nick Cave fokussierte, bevor ich dann mit
"Nevermind" auf den Grunge-Zug aufsprang und der gitarrengeprägten Musik
nie mehr abschwor. Cool war auch 1993 im Radio in LA "Give it away" zu
hören, während zeitgleich Anthony Kiedis seine Karre eine Zapfsäule
weiter betankte. Ganz wichtig und bis heute weichenstellend war dann
"Ten" von Pearl Jam, eine elementare Offenbarung epischen Ausmaßes.
Kann aber Vielem was abgewinnen, sofern da eine ernstzunehmende
musikalische und kreative Attitüde hintersteckt, oder Tradition. Das
kann dann auch Musik aus Portugal sein, der man nicht hier im Radio
begegnet. Irgendwelcher unambitioniert zusammengesampelte Billigkommerz-,
Schlager-, Volksmusik- oder Ballermannmüll auf Einzellerniveau ist mir zuwider und erfährt tiefste
Verachtung, was aber natürlich nicht zwingend für die Hörer desselben
gelten muss, da ist ja bekanntlich jeder Jeck anders. Jedenfalls finde
ich bei der Musik nichts was ich mal total gut fand heute schlecht,
sondern kann allem immer noch viel abgewinnen.
Omegadrei: Gibt es aktuelle Musikveröffentlichungen, die Du uns empfehlen kannst?
Uwe: Ich durfte im Februar kurz bevor es mit der Pandemie losging noch auf einem Überraschungskonzert,
quasi einer "Katze im Sack" musikalischer Natur eine schöne neue Erfahrung machen und kann das Album "Suprafon" für mich
als meine Neuentdeckung des bisherigen Jahres bezeichnen.
Omegadrei: Erlaubst du mir zum Abschluss eine sehr persönliche Frage?
Uwe: Noch persönlicher als die bisherigen?
Omegadrei: Gönnst Du dir den Spleen einer BVB Mitgliedschaft,
um irgendwie bodenständig zu wirken (Omegadrei ist fälschlicherweise von einer Mitgliedschaft ausgegangen)?
Uwe: Natürlich möchte ein Blauer nun von mir hören, wie ich mich darüber
echauffiere und den Kommerz verfluchend zugebe, daß man doch die
Bodenständigkeit verlassen habe, aber das sehe ich nur bedingt so. So
wie Walter Sobchak schon immer damit liebäugelte Pazifist zu werden,
dachte ich schon mehr als einmal über eine Mitgliedschaft nach, habe bislang aber noch
nicht die Kurve gekriegt. Davon ab gibt mir mein Verein und die Liebe
dazu schon viel und das würde auch mit einer Mitgliedschaft nicht mehr
werden, aber mal schauen. Bin froh und sehr dankbar wenn ich ein paar
Mal im Jahr ins Stadion komme, vor Ergriffenheit weinen und mich über
einen Sieg freuen darf.
Bodenständig zu wirken ist ein banales Ziel, wenn man bodenständig ist.
Omegadrei: Ich bedanke mich untertänigst für das tolle Gespräch, Sire!
Uwe: Passt schon und nun eil dich Buckliger, mehr Wein!
Omegadrei: Ich sprinte!
Wie darf ich Euch ansprechen? Euer Hoheit, Monsignore, Durchlaucht, Euer Majestät?
Uwe: Uwe reicht vollkommen. War noch nie ein Freund dieser dick
aufgetragenen Titelhascherei und auch wenn auf Messen und
Veranstaltungen zur Begrüßung ganz gern ein mehr scherzhaftes
"El Presidente" fällt, lächelt man und lässt es gut sein, aber prinzipiell
entsprechen solche Nummern, oder Ansätze die analog zum klassischen
"Wir sind unwürdig" à la Wayne's World laufen, nicht meinem eher bescheidenen Naturell.
Omegadrei: Wie wird man Präsident des DHC, dem nach S04 zweitwichtigsten
Verein Deutschlands? Wird die Thronfolge seit Generationen vererbt, wird gewählt,
oder wurde der Club etwa unter Einfluss von THC gegründet und entspringt einem schalen Wortwitz?
Uwe: Die Wichtigkeit und Relevanz liegt ja wie so Vieles im Auge des
Betrachters. Das gilt für den DHC ebenso wie für den erwähnten
Gelsenkirchener Vorstadtclub. Grundsätzlich gibt es ja in Deutschland
für Alles und Jedes einen Verein und auch wenn im Gespräch mancher
Zuhörer die Augen verdreht, daß es einen DHC überhaupt gibt, kann man
sich immer noch damit trösten, wie es wohl den Offiziellen von den
einbeinigen, taubenzüchtenden Linksträgern ergehen mag.
Mit THC hat es gar nichts zu tun und die Vision zur Notwendigkeit eines
Vereins zur Lobbyarbeit für den eindrucksvollsten Raubfisch hierzulande,
bedurfte keiner Bewussteinserweiterung, sondern fußte allein auf dem
Umgang und Zustand mit der Spezies und den Beständen. Ich bin erst der
dritte Clubpräsident und übernahm den Posten ein wenig aus einer
Notsituation und Verpflichtung heraus, als mein Amtsvorgänger und ganz
lieber Freund Armin Miltenberger urplötzlich, unerwartet und viel zu früh von uns ging.
Omegadrei: Man stellt sich das Präsidentenleben ja recht feudal vor:
Man sitzt in seinem Ohrensessel zwischen ausgestopften Hechten, futtert Gänseleberpastete,
raucht Zigarren, sinniert über Safaris und lässt sich von seinem Butler Earl Gay servieren.
Wie sieht dein Tagesablauf normalerweise aus?
Gibt es in Deinem Leben eigentlich so etwas wie Werktage oder ist jeder Tag Feiertag?
Uwe: So mag das sicher bei manchem Diktator einer Bananenrepublik
aussehen, aber nicht beim DHC. Da muss man doch vieles selber erledigen,
sich in Nicht-Coronazeiten bis zu 14 Messetage im Jahr zur wichtigen
Außendarstellung und Öffentlichkeitsarbeit um die Ohren schlagen, was
aber auch Spaß und Erfüllung vermittelt, und auch Treffen organisieren
und sich mit um die clubeigene Zeitschrift "Andvari" und Teile der Inhalte
kümmern. Ausgestopfte Hechte fielen ohnehin aus, Zigarren nur sehr
selten bei ganz besonderen Fängen und den Earl Grey gieß ich mir selber
auf. Es soll ja auch alles immer noch Spaß machen und das tut es auch.
Der Tagesablauf wird bestimmt vom Broterwerb, wobei es auch manchen Tag
gibt, an dem das Vereinsamt sich als full time-Job aufdrängt.
Omegadrei: Also ein Präsident, der niemals pennt?
Uwe: Muss aber auch sein und ist eine der schönsten Sachen, die es quasi
umsonst (wenn man denn nichts besseres verschläft) gibt.
Omegadrei: Man hört und liest viel über Deine völkerverbindenden Reisen nach Irland,
Holland, Kanada, USA. Welche Möglichkeiten siehst du als Präsident des DHC,
innerhalb Deutschlands die Anglerschaft zu einigen?
Uwe:Tatsächlich fällt es nicht selten leichter, im Ausland eine gemeinsame Basis zu entdecken
oder zu finden als hier.
Abgesehen von der zunehmenden Spezialisierung auf konkrete Zielfische oder Methoden steht
sich hier Vieles selbst im Wege und bildet einen enormen Hemmschuh für eine positivere Entwicklung.
Statt starker, ambitionierter, angler- und angelfreundlicher Organisationen,
die sich für die Anglerschaft und ein fortschrittliches Fischereimanagement aufreiben,
gibt es doch allzu oft Kritik und Unzufriedenheit seitens der Angler.
Hoffnung machen da das neue Fischereigesetz in HH und Ansätze mit Maß und
Weitblick wie bei und von den Müritzfischern mit dem Entnahmefenster praktiziert.
Leider bisher nur Ausnahmen, aber vielleicht und hoffentlich auch mal die Regel.
Omegadrei: Kommst Du eigentlich noch selber zum Angeln?
Wann konntest du deinen letzten Hecht landen?
Uwe: In anderen Jahren hätte ich vielleicht gesagt, daß ich mir gerade
erst den Hechtschleim von den Händen gewaschen habe, aber dieses Jahr
kommt man vor lauter Händewaschen ja kaum noch zum angeln. Es ist in
vielerlei Hinsicht ein besonderes Jahr und was bei mir persönlich das
Angeln angeht, ist es besonders schlecht. Fing der Winter noch ganz gut
an und brachte schöne Fische, wie auch beim Videodreh mit "Fisch &
Fang", ließ es dann schonzeitbedingt nach. Dann kam Corona und die
Ostertour nach Irland fiel aus, wie auch manche andere geplante
Angeltour. Dann hatte ich beruflich viel zu tun, wenn es von den
Bedingungen her gut passte und an den wenigen Angeltagen war es dann
meist sehr undankbar oder lief auch einfach nicht gut. Kurzum, den
letzten kleineren Hecht gab es vor ein paar Wochen beim Angeln in
Mecklenburg zusammen mit meinem Onkel auf einem Gewässer mit viel
Familienhistorie, was den Fang doch so besonders machte und ihm ideelle
Größe verlieh.
Hoffe, dass Herbst und Winter sich noch gnädig erweisen, um die Quote und
die Fangstatistik aufzupolieren.
Omegadrei: Wir drücken Dir die Daumen!
Nächste Baustelle:
Was könnte man in den Deutschland machen, um die Hechtbestände zu verbessern?
Uwe: Tja, das kommt davon, wenn man die Fragen der Reihe nach beantwortet
und nicht zuvor alle einmal durchliest......
Omegadrei: Man wird so alt wie eine Kuh und lernt immer noch dazu, lach!
Uwe:Wie schon oben erwähnt wären Ansätze wie das Entnahmefenster der
Müritzfischer eine wilkommene Maßnahme, über die sich nicht nur die
Hechte, sondern langfristig auch die Angler freuen dürften. Auch der
Ruhrverband macht da ja einen sehr guten Job und ist beispielhaft.
Antiquierte Gesetze und die himmelschreiende Borniertheit, es alleinig
besser zu machen, als viele andere (Nachbar-) Länder und beliebte
Reiseziele deutscher Angler, stehen dem Fortkommen allerdings im Wege.
Beim individuellen Angler hat sich zum Glück über die letzten zwei
Jahrzehnte das Bild vom bösen Hecht und potenziellen Fischereischädling
größtenteils geändert und Viele sehen auch viel mehr die faszinierende
und einzigartige Kreatur mit all ihren Facetten und der Vielzahl von
anglerischen und methodischen Ansätzen. Dazu hat auch der DHC in
unermüdlicher Überzeugungsarbeit auf verschiedenen medialen Ebenen einen
Beitrag geleistet, das ist mal sicher.
Omegadrei: Nach niederländischem Vorbild?
Zum Beispiel, oder nach englischem, oder irischem. Gute Vorbilder gibt
es ja viele und man müsste sich ja nichts eins zu eins aufzwängen,
sondern könnte sich die Rosinen rauspicken und es für sich und die
eigenen Verhältnisse passend machen.
Uwe: War in den USA und Kanada über den hohen Stellenwert der Freizeit-,
Sport- und Hobbyangelei fasziniert, dem auch von staatlicher Seite her
Rechnung getragen wird. Da ist die Position der Fische eben nicht
dermaßen unterhalb der von Kormoran, Biber etc. angesiedelt wie hier
und es werden auch Maßnahmen zum Schutz der guten und zum Teil mühsam
aufgebauten Fischbestände ergriffen, die einen hier nie mehr die Sonne
in Freiheit erblicken ließen.
Dort werden auch an Topgewässern ständig die aktuellen Entwicklungen
durch die Fischereibehörden beobachtet und auch mal spontan reagiert und
saisonale Fangbeschränkungen ausgesprochen, oder gänzliche Sperren
erhoben, um die jeweilige Spezies im Bestand zu schützen und nicht erst
plattangeln und dann wieder neu besetzen o.ä.
Omegadrei: Hand aufs Herz: Bekommt bei dir auch mal ein Hecht „ein vorm Kopp“?
Uwe: Die Attraktivität als Angelfisch und der Nutzen im Gewässer stehen
für meinen Geschmack mit der kulinarischen Klasse im krassen Missverhältnis.
Omegadrei: Falls es mal sein muss, wegen krasser Beschädigung, gibt es ein Lieblingsrezept?
Uwe: Ein Freund entnahm einen stark verletzten kleineren Hecht als
Kollateralschaden beim Muskyangeln vor einer Weile, entfernte mit einem
gekonnten Schnitt alle Y-Gräten und machte ein schickes, frisches und
vor allem in seiner Einfachheit so bestechendes "fish fry", das
kulinarisch die besten Seiten hervorbrachte und einfach nur lecker war.
Einen vielerorts eher seltenen und schwieriger zu fangenden Fisch mit
ellenlangen Rezepten und mühseligen Rezepturen, sowie einem dreifachen
Gang durch den Fleischwolf irgendwie gangbar zu machen, kann es doch
irgendwie nicht sein. Da gibt es bessere und einfacher verfügbare
Fische. Aber das sieht sicher Mancher anders und auch knappe Bestände
sind ja nicht überall die Regel.
Omegadrei: Ich schätze deine Arbeit als Journalist für verschiedene Angelmagazine und
Du hast ja auch im Buch „Die schönsten Fische, die wir nicht gefangen haben“,
einen der lesenswertesten Beiträge abgeliefert.
Wie bewertest du den Zustand der Printmedien (wirtschaftlich/bezüglich Ihrer
Unabhängigkeit durch wirtschaftlichen Druck/bezüglich der sprachlichen/inhaltlichen Qualität)?
Uwe:Vielen Dank für die Blumen und das Lob für den Beitrag im zudem sehr
schönen Buchprojekt, wurde mir schon von mehreren Seiten zugetragen. Man
muss kein Verleger sein, um zu erahnen, daß es die Printmedien in Zeiten
von einer Flut frei verfügbarer medialer Quellen nicht leicht haben,
auch wenn es nichts gibt, was sich mit der Wahrhaftigkeit des gedruckten
Wortes und der angenehmen Haptik eines Hochglanzmagazins messen kann,
wie ich finde. Auch was die sprachliche Qualität und Seriösität angeht, sind die
Printmedien vom Niveau her doch recht hoch angesiedelt und stehen ja
nicht für den sprachlichen Niedergang mit weggelassenen Endsilben und
dem inflationärem Gebrauch anderer Unsitten, das finde ich sehr
angenehm. Mit der Vielzahl der Medienstränge wird es ja auch immer
schwieriger das Rad neu zu erfinden, was ohnehin nicht so richtig
machbar ist, aber sich ja auch mit und durch die Entwicklung bei
Geräten, Technik und Methoden stetig für Neuinterpretationen einer jeden Anglergeneration anbietet.
Omegadrei: Schaust du YouTube Videos übers Angeln oder verfolgst du Online-Magazine?
Gibt es Formate, die du magst oder graust es Dich, wenn Leute mit Förderschulempfehlung versuchen,
Journalismus zu betreiben?
Uwe:Bin nicht ganz so der YT-Junkie, mag aber ein paar Formate ganz gern,
in denen ich meine anglerischen Vorlieben oder Fische wiederfinde, oder
eben Leute und Angler die ich dann vielleicht persönlich kenne. Wenn man
mal den Empfehlungen von You Tube folgt, findet man oft viel mehr
Sachen, die man eher gruselig findet, als daß man sich dafür auch nur im
Ansatz begeistern könnte und sich dann unweigerlich fragt, was schlimmer
ist, die die das fabriziert haben, oder dann doch vielmehr die, die das
auch noch frenetisch abfeiern. „PareyGo“ ist auch gut, wenn man denn Zugang hat.
Bei den hiesigen Onlinemagazinen finde ich „Scale“ schön und lese es,
schätze den ästhetischen Ansatz und Inhalt, wenngleich ich dem selber ja nur bedingt gerecht werde,
oder auch gerade deshalb.
Omegadrei: Trauen sich irgendwelche Tierrechtsfuzzis, dem Präsidenten des Deutschen Hechtanglerclubs doof zu kommen?
Uwe:Der Angelei im Allgemeinen ja mehr als genug, mir persönlich weniger.
Omegadrei: Du fällst ja neben deiner Liebe zur Literatur und Sprache
auch durch fundierte Musikkenntnisse und guten Musikgeschmack auf.
Welche Alben haben dich am meisten beeindruckt?
Uwe: Ist das so? Klingt so schmeichelhaft wie ein guter Song.
Was die Musikrichtungen und Alben angeht, macht ja jeder im Leben sowas wie
musikalische Zyklen durch und entwickelt sich dahingehend parallel zum
Charakter und Lebensabschnitt, oder manchmal auch durch den
Lebensstandort oder andere Bedingungen. Will sagen, wer lebenslänglich
einsitzt, fängt vielleicht an sich was anderes als "The Police"
anzuhören. Ich hatte eine relativ starke Hip Hop Phase und war auch
politisch von Public Enemy und "It takes a nation of millions to hold us
back" beeindruckt ("The Donald" kannte ich damals nur aus US-Magazinen
vom Presseshop am Hauptbahnhof), was aber dann erst in eine frankophone
und dann in eine Indie- und Punkphase abdriftete, sich teilweise auf
Sachen wie Sonic Youth und Nick Cave fokussierte, bevor ich dann mit
"Nevermind" auf den Grunge-Zug aufsprang und der gitarrengeprägten Musik
nie mehr abschwor. Cool war auch 1993 im Radio in LA "Give it away" zu
hören, während zeitgleich Anthony Kiedis seine Karre eine Zapfsäule
weiter betankte. Ganz wichtig und bis heute weichenstellend war dann
"Ten" von Pearl Jam, eine elementare Offenbarung epischen Ausmaßes.
Kann aber Vielem was abgewinnen, sofern da eine ernstzunehmende
musikalische und kreative Attitüde hintersteckt, oder Tradition. Das
kann dann auch Musik aus Portugal sein, der man nicht hier im Radio
begegnet. Irgendwelcher unambitioniert zusammengesampelte Billigkommerz-,
Schlager-, Volksmusik- oder Ballermannmüll auf Einzellerniveau ist mir zuwider und erfährt tiefste
Verachtung, was aber natürlich nicht zwingend für die Hörer desselben
gelten muss, da ist ja bekanntlich jeder Jeck anders. Jedenfalls finde
ich bei der Musik nichts was ich mal total gut fand heute schlecht,
sondern kann allem immer noch viel abgewinnen.
Omegadrei: Gibt es aktuelle Musikveröffentlichungen, die Du uns empfehlen kannst?
Uwe: Ich durfte im Februar kurz bevor es mit der Pandemie losging noch auf einem Überraschungskonzert,
quasi einer "Katze im Sack" musikalischer Natur eine schöne neue Erfahrung machen und kann das Album "Suprafon" für mich
als meine Neuentdeckung des bisherigen Jahres bezeichnen.
Omegadrei: Erlaubst du mir zum Abschluss eine sehr persönliche Frage?
Uwe: Noch persönlicher als die bisherigen?
Omegadrei: Gönnst Du dir den Spleen einer BVB Mitgliedschaft,
um irgendwie bodenständig zu wirken (Omegadrei ist fälschlicherweise von einer Mitgliedschaft ausgegangen)?
Uwe: Natürlich möchte ein Blauer nun von mir hören, wie ich mich darüber
echauffiere und den Kommerz verfluchend zugebe, daß man doch die
Bodenständigkeit verlassen habe, aber das sehe ich nur bedingt so. So
wie Walter Sobchak schon immer damit liebäugelte Pazifist zu werden,
dachte ich schon mehr als einmal über eine Mitgliedschaft nach, habe bislang aber noch
nicht die Kurve gekriegt. Davon ab gibt mir mein Verein und die Liebe
dazu schon viel und das würde auch mit einer Mitgliedschaft nicht mehr
werden, aber mal schauen. Bin froh und sehr dankbar wenn ich ein paar
Mal im Jahr ins Stadion komme, vor Ergriffenheit weinen und mich über
einen Sieg freuen darf.
Bodenständig zu wirken ist ein banales Ziel, wenn man bodenständig ist.
Omegadrei: Ich bedanke mich untertänigst für das tolle Gespräch, Sire!
Uwe: Passt schon und nun eil dich Buckliger, mehr Wein!
Omegadrei: Ich sprinte!